Stand-neben-by-me

Jedes Mal, wenn wir etwas Traumatisches erleben, spalten wir einen Teil von uns ab. Die Wissenschaft nennt das Dissoziieren. Ich nenne das Seelenanteile verlieren. Lebensenergie kommt abhanden, weil uns etwas Schlimmes passiert.

Was schlimm ist, kann etwas ganz Einfaches sein: Das Zuschlagen einer Tür, während wir als Säugling im Bettchen liegen. Ein Streit mit Freunden. Sich unverstanden fühlen. Außerdem werden Traumata vererbt.

All diese Verluste gleichen wir energetisch aus. Wir fühlen aber auch, dass uns etwas abhanden kam und kommt. Es gibt sogar Redewendungen dafür: Da stand ich neben mir oder Du bist ja nicht mehr ganz dicht!, Nur noch ein Schatten seiner selbst sein. So beschreiben wir das unsichtbare energetische Desaster.

Doch dieser ständige Stand-neben-by-me-Modus schluckt ziemlich viel Energie. Denn dort, wo Seelenanteile fehlen, ist es dunkel. Diese Bereiche müssen umfahren werden. Manchmal sind dort auch schwarze Löcher entstanden, die zu umfahren gefährlich ist, weil man hineingezogen wird und dann am anderen Ende, wenn überhaupt, völlig erschöpft herauskommt, um die Achterbahnfahrt vorbei an den seelischen Löchern erneut aufzunehmen. Und all das ja nicht nur in sich selbst, sondern im Kontakt mit andern auch im Gegenüber mit dessen Fehlstellen.

Irgendwann zeigen unterschiedlichste Symptome, dass etwas fehlt. Spätestens dann heißt es, Energie, Licht, Seelenanteile zurückzuholen. Das Gießkannenprinzip für den Alltag funktioniert so:

Hiermit gebe ich sanft, in Balance und ohne Belastung alles frei, was mich belastet und was jetzt gehen kann und will. Ebenso rufe ich sanft, sicher und in Balance zurück, was ursächlich zu mir gehört, was mir durch was auch immer abhanden kam und was jetzt zu mir zurückkehren kann und will. All das ist sicher für mich, und alle freuen sich. Danke.

Wer die Stärke dieser Formulierung spürt: Herzlichen Glückwunsch und viel Spaß beim Zurückholen und Loslassen. Wem beim Lesen der Formulierung mulmig wurde: Da zeigt sich die Mächtigkeit der Worte. Und es wird Zeit, sich die Hoheit über die Worte zurückzuholen, die über unser Wohl und Wehe entscheiden.

Seelenanteile zurückzuholen, ist keine Frage großer Rituale. Sondern die pure Konsequenz von Selbstwirksamkeit, -kompetenz und -realisation. Weil genau die aufgrund verlorener Seelenanteile meist ebenfalls abhanden kamen, fällt es oft schwer zu begreifen, wie nah das ist, was ursächlich zu uns gehört. Und dass das, was uns quält, in uns ist, raus möchte und das ja auch symptomreich zeigt.

Wer sich aufmacht, den Stand-neben-by-me-Modus zu verlassen, wird mit ureigener Energie belohnt, versorgt und geschützt, die ohnegleichen ist. Wer beim Zurückholen Begleitung möchte, mit dem gehe ich gern ein Stück des Wegs.

Viel Vergnügen, Licht und jede Menge Aha-Momente wünscht Euch

Eure Ulriqe

Das andere Krankenhaus

Heute klang der sonst sehr aktive, wortgewandte Klient sehr matt. Nach einem anstrengenden Geschäftstermin hatte er sich mit grippeähnlichen Symptomen ins Bett gelegt.

Wir telefonierten, schauten uns sein Immunsystem an und stellten es wieder auf 100%. Basis-Arbeit. Doch so schnell, meinte er, müsse es mit dem Fitwerden nicht gehen. Ich fragte ihn, bis wann er denn wieder auf dem Damm sein wolle. Er überlegte.

Hm, meinte er dann, Mitte nächster Woche reicht völlig.

Okay, sagte ich, dann beschreib mir mal: Wenn deine Gesundheit ein Hochhaus mit 100 Stockwerken wäre, oben geht’s dir prima, unten geht gar nichts – wo befindest du dich gerade?

In den unteren 10, antwortete er und fügte nach kurzem Nachdenken hinzu: Weißt du, ich muss eine Entscheidung treffen. Über eine Anschaffung. Was Größeres.

Prima, meinte ich. Dann hast du jetzt ja Zeit. Wo willst du in deinem etwas anderen Krankenhaus angekommen sein, um diese Entscheidung treffen zu können?

In der Mitte!, antwortete er, ohne groß zu überlegen. In der Mitte trifft man am besten Entscheidungen.

Ich war verblüfft. Hatte ich doch fest damit gerechnet, dass er sagt: Auf dem Dach, da hat man den besten Überblick.

Gut, sagte ich. Wie willst du da hinkommen, in die Mitte? Mit dem Fahrstuhl oder über die Treppe?

Treppe! Ist gesünder. Dauert auch länger. Ja, es darf ruhig ein wenig dauern.

Wann willst du losgehen in die mittleren Stockwerke?, fragte ich.
Jetzt gleich!, sagte er.

Mach das, sagte ich. Kannst dich ja auch zwischen zwei Stockwerken auf die Stufen setzen und ganz entspannt ein Picknick einnehmen.

Das mach ich, rief er, schon etwas aktiver als vorher. Muss nur noch überlegen, was ich fürs Picknick mitnehme, sagte er und lachte leise. Das gefällt mir, sagte er dann. Ein Haus, in dem ich eigentlich nur in die Mitte kommen muss. Schon ist es kein Krankenhaus mehr.

Ja, dann ist es ein Lebenshaus. Ich wünsch dir gute Besserung. –

Falls Du, der oder die das hier liest, gerade auch nicht so gut drauf bist, wünsche ich Dir ebenfalls gute Besserung. Und schau nach Deinem Immunsystem. Vor allem jetzt, wo so viele Leute darniederliegen.

Nimm Dir für die Pausen auf dem Weg in die Mitte vielleicht auch ein schönes Picknick mit. Zum Beispiel einen Stift und ein Papier. Nein, nicht zum Essen. Sondern zum Zeichnen Deines Hauses, in dem Du, ja, zu Hause bist. In Dir.

Alles Liebe,
Deine Ulriqe