Das andere Krankenhaus

Heute klang der sonst sehr aktive, wortgewandte Klient sehr matt. Nach einem anstrengenden Geschäftstermin hatte er sich mit grippeähnlichen Symptomen ins Bett gelegt.

Wir telefonierten, schauten uns sein Immunsystem an und stellten es wieder auf 100%. Basis-Arbeit. Doch so schnell, meinte er, müsse es mit dem Fitwerden nicht gehen. Ich fragte ihn, bis wann er denn wieder auf dem Damm sein wolle. Er überlegte.

Hm, meinte er dann, Mitte nächster Woche reicht völlig.

Okay, sagte ich, dann beschreib mir mal: Wenn deine Gesundheit ein Hochhaus mit 100 Stockwerken wäre, oben geht’s dir prima, unten geht gar nichts – wo befindest du dich gerade?

In den unteren 10, antwortete er und fügte nach kurzem Nachdenken hinzu: Weißt du, ich muss eine Entscheidung treffen. Über eine Anschaffung. Was Größeres.

Prima, meinte ich. Dann hast du jetzt ja Zeit. Wo willst du in deinem etwas anderen Krankenhaus angekommen sein, um diese Entscheidung treffen zu können?

In der Mitte!, antwortete er, ohne groß zu überlegen. In der Mitte trifft man am besten Entscheidungen.

Ich war verblüfft. Hatte ich doch fest damit gerechnet, dass er sagt: Auf dem Dach, da hat man den besten Überblick.

Gut, sagte ich. Wie willst du da hinkommen, in die Mitte? Mit dem Fahrstuhl oder über die Treppe?

Treppe! Ist gesünder. Dauert auch länger. Ja, es darf ruhig ein wenig dauern.

Wann willst du losgehen in die mittleren Stockwerke?, fragte ich.
Jetzt gleich!, sagte er.

Mach das, sagte ich. Kannst dich ja auch zwischen zwei Stockwerken auf die Stufen setzen und ganz entspannt ein Picknick einnehmen.

Das mach ich, rief er, schon etwas aktiver als vorher. Muss nur noch überlegen, was ich fürs Picknick mitnehme, sagte er und lachte leise. Das gefällt mir, sagte er dann. Ein Haus, in dem ich eigentlich nur in die Mitte kommen muss. Schon ist es kein Krankenhaus mehr.

Ja, dann ist es ein Lebenshaus. Ich wünsch dir gute Besserung. –

Falls Du, der oder die das hier liest, gerade auch nicht so gut drauf bist, wünsche ich Dir ebenfalls gute Besserung. Und schau nach Deinem Immunsystem. Vor allem jetzt, wo so viele Leute darniederliegen.

Nimm Dir für die Pausen auf dem Weg in die Mitte vielleicht auch ein schönes Picknick mit. Zum Beispiel einen Stift und ein Papier. Nein, nicht zum Essen. Sondern zum Zeichnen Deines Hauses, in dem Du, ja, zu Hause bist. In Dir.

Alles Liebe,
Deine Ulriqe

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