Buß- und Bettag. Wie geht Euch das mit dieser Bezeichnung? Im Ernst, ich mag sie nicht. Unter anderem, weil dieser Tag jährlich begangen wird, sich jedoch herzlich wenig ändert. Wo sind denn die Umkehrer, die Zieht-den-neuen-Menschen-an-Leute? Bislang hat das Begehen dieses Tages nicht dazu beigetragen, dass Frieden in Familien, in Gesellschaften, geschweige denn auf Erden ist. Obwohl er vor 2.000 Jahren als da-seiend verkündet wurde. Ja, wo isser denn, der Frieden?
Die heutige Losung lautet: Meine Lippen und meine Seele, die du erlöst hast, sollen fröhlich sein und dir lobsingen. (Psalm 71,23) Passt irgendwie nicht zu Buß- und Bettag, oder? Aber ich find ja, seit ich ein kleines Kind bin, das mit den Losungen sehr spannend. Manchmal passen sie wirklich genau zu dem, was man selbst so vorhat am Tag. Oft heißt es jedoch um die Ecke denken, wenn man denn möchte.
Ich möchte das heute mal wieder machen, und darum ist da oben dieses Bild mit dem Laterne laufenden Kind. Das ursprüngliche Lied hat mein Vater geschrieben. Für das Kinderchorstück TABOE, aus dem der Text im Bild stammt, habe ich neue Strophen gemacht.
In TABOE geht es um einen Teddybären, der auf seinem Weg durch die Gewalt der Welt in Stücke gegangen ist. Kinder finden eines der Ohren. Durch das Singen von Liedern aus der ganzen Welt kommen die anderen Teile des Teddybären wie von Zauberhand wieder zurück. Durch die Lieder werden regelrecht Seelenanteile eingesammelt. Der Teddy wird zum Schluss wieder ganz.
Denn so funktioniert Musik. Es kommt nur darauf an, mit welcher Absicht und mit welchen Inhalten sie gespielt oder gesungen wird. Lernen Kinder von Kleinauf in Liedern, dass die Welt ein Jammertal sei, werden sie das glauben. Das ist aber nicht gut. Darum singe ich das auch mit Chorkindern oder meinen eigenen nicht mehr. Ich bin aber auch nicht dafür, dass man flache Firlefanzlieder singt. Wir Menschen brauchen Lieder, die uns in der Tiefe berühren und es dort hell machen (Laterne, sic!). Ob es nun frohe, lustige oder ernstere Lieder sind. Sind Lieder so, können verlorene Seelenanteile allein durchs Singen zurückkehren.
Bin ich traurig oder froh, sing ich los, ganz einfach so, dafür muss man natürlich ein paar passende Lieder für die jeweilige Situation parat haben. Nicht auf CD. Sondern im Kopf, zum Selbersingen. Irgendeins fällt dir bestimmt ein. Dann sing das heute mal und sei Dir dabei bewusst, dass während des Singens mindestens ein verlorenes Seelenteil zu Dir zurückkommen wird. Weil es da wieder hin möchte, wo so schöne Musik erklingt – und weil es dort zu Hause ist, bei Dir.
Mit der Bedeutung von „Buße“, wie das allgemein verstanden wird, hat Luther uns übrigens einen Bärendienst erwiesen. Denn er hat es als „Schrecken und gläubige Reue“ verstanden. Dabei ist die eigentliche Bedeutung ganz anders., nämlich „Abkehr von nicht segensvollen menschlichen Handlungen“ (hebräisch: schub) oder Sinneswandel bzw. Umdenken (griechisch metanoia). Naja, und umdenken muss man ja wirklich, wenn es ums Zurückholen von Seelenanteilen geht. Es ist nämlich eine zutiefst menschliche segensvolle Handlung, die auf vielfältige Art und Weise funktioniert. Heute halt mal singend.
Die letzte Strophe des Liedes heißt übrigens: Ich kenne viele Leute, ich auch, ich auch, ich auch. Morgen noch mehr als heute, ich auch, ich auch, ich auch. Wenn wir miteinander singen, wird der Welt das Frieden bringen, ich kenne viele Leute, ich auch, ich auch, ich auch.