Dinge anders machen

Nimm Dein Selbst und geh.

Geh und vergib.

Wem soll ich was vergeben? Ich bin geliebt so, wie ich bin. Ich bin völlig okay. Und ich werfe alle aus meinem Leben, die mir nicht guttun. Hab ich gelernt. Machen jetzt viele so. Ist richtig, richtig prima.

Wie? Ich soll vergeben? Den Leuten die …, meiner herrischen Mutter, die immer … meinem fürchterlichen Vater, der mir nie …, meinem xyz? Nein. Kann ich nicht, will ich nicht, muss ich nicht.

Du kannst gar nicht vergeben. Kein Mensch kann einem anderen vergeben. Das kann nur Gott. Sagte vor ein paar Tagen ein katholischer Geistlicher in einem Audio-Adventskalender.

Zum Vergeben gehört ein Mensch, und das ist man selbst. Uiii! Aber dann bekommt das der andere ja gar nicht mit. Der andere muss sich erst entschuldigen, vorher mach ich gar nichts. Okay, alles kar, ich hör schon auf.

Ich würde gerne vergeben, aber ich kann’s nicht. Ich habe keine Kraft dafür, es sitzt zu tief, und da will ich nicht dran rühren. Ich kann nur hoffen, dass … nun ja, Zeit heilt alle Wunden.

Und was Ihnen passiert ist, müssen sie nun mal endlich in sich integrieren. Sie können das Geschehene ja nicht ändern. Sie müssen damit leben, sagt ein Therapeut. Das ist doch kein Leben, sagt der hilfesuchende Mann.

Du bist allein. Deinen Schmerz will niemand sehen. Den kann auch niemand sehen, und den soll auch niemand sehen. Der ist da. Hoffe. Gott wird abwischen alle Tränen.

Zweiter Advent. Alle warten auf das Licht.

Seit ich klein bin, frage ich mich: Warum überhaupt? Das Licht der Welt kam damals sinnbildlich noch mal (!) in die Welt. Fertig. Seither feiern wir Geburtstag dieses Lichts. Nicht sein nochmaliges Erscheinen.

Doch die Welt, in der sich die frohe Botschaft an sich relativ gut verbreitet hat, behauptet weiter, das Licht käme erst noch. Man hofft und bittet, und Kinder lernen das. Während es auf Erden weiterhin an vielen Orten und in vielen Beziehungen tatsächlich dunkel zugeht.

Die alte Frage nach Henne und Ei. Aber dunkel ist es eh. Das Licht kam zuerst da hinein.

Menschen jedoch können nun mal anderen Menschen dies und das antun. Das, was man das Dunkle nennt. Als sei es in der Nacht nicht schon dunkel genug.

Manche sagen, das Töten hätte der Mensch von den Tieren gelernt. Ich hatte einen Biologielehrer, der immer vom „Menschentier“ gesprochen hat. Offiziell fand ich das falsch. Eigentlich fand ich das richtig. Natürlich unterscheiden wir uns „von den Tieren“. Und ich denke, ein wichtiger Unterschied ist, dass wir selbst Licht machen können. Außerhalb von uns. Innerhalb aber auch. Eigentlich. Wir Menschen können leider auch viele Gegenteile tun.

Aus „Die Kinder des Lichts“:

Enkelkind: Weißt du was, Opa, ich find das ziemlich doof. Immer an Weihnachten, da macht ihr großen Leute Kerzen an und freut euch über das Licht, das in die Welt kommt. Und ein paar Tage später habt ihr das schon vergessen. Dann geht nämlich das Jahr zuende und keiner weiß, was im nächsten Jahr passieren wird. Alles liegt im Dunkeln, sagt ihr dann. Im Frühling feiern wir Ostern, mit dem Osterlicht. Das pustet ihr aus und wartet, dass endlich der Sommer kommt. Aber erstmal schimpft ihr über die Maikäfer, wenn zu viele da sind. Weil die Maikäfer dann eine Plage wären. Oder ihr schimpft über die Maikäfer, wenn zu wenige davon da sind. Weil es immer so schön sei, wenn Maikäfer fliegen. Auf jeden Fall verschenkt ihr Maikäfer aus Schokolade. Und dann wartet ihr wieder auf Weihnachten, damit das Licht in die Welt kommt. So geht das euer Leben lang. Und wir sollen euch das auch noch nachmachen!

Ganzer Chor: Wir sind doch nicht blöd!

Lara: Stimmt!

Anna: Genau!

Andreas: Das Licht IST doch schon längst in der Welt.

Clara: Mit diesem Licht kann man sogar in die Herzen reinsehen.

Dirk: Das Licht ist immer da. Aber ihr seht es nicht, weil ihr euch so viel mit der Dunkelheit beschäftigt.

Maikäfer (steht auf, mit der Kerze in der Hand): Ohne Licht wüsste ich gar nicht, wo es aus der Erde rausgeht. Stellt euch mal vor – ich bin tief in der Erde drin, da ist es ganz dunkel. Aber ich weiß trotzdem, in welche Richtung ich dann graben muss, damit ich an die Sonne komme.

Die Erwachsenen sehen sich ratlos an.

Zitatende.

Die Erwachsenen sind in der Tat ratlos. Siehe Anfang dieses Textes. Die ersten sieben Absätze sind eine Zusammenfassung dessen, was ich in den vergangenen Monaten so alles rund ums Thema Vergebung gehört habe.

Nun ist es aber so: Wenn Menschen etwas Schlimmes widerfährt, spalten Sie von sich selbst etwas Selbst ab. Sie stehen neben sich, es kippt sie etwas aus den Latschen. Sie können sich so verlieren, dass sie sich mit dem Täter verinnerlichen. Je nach dem, was ihnen passiert, spalten sie weniger oder mehr von sich ab. Zurück kommt all dies verlorene Selbst nicht so einfach. Denn bei uns ist es, wie wir am eigenen Leibe erfahren haben, gefährlich. Sehen tut es auch niemand, dass wir Selbst verloren haben. Doch wir spüren das, und das Gegenüber spürt das auch.

Darum sieht es so aus auf der Welt, mit allen Konsequenzen.

Was hieße es also, würden die Menschen in der Lage sein, ihr verlorenes Selbst nach und nach, also so, wie es energetisch sinnvoll ist, zurückzuholen?

Ungeheuer wäre das. In der Tat.

Vergeben ist in diesem Zusammenhang ein Einfachso. Das sagt bereits das Wort an sich: Etwas ver-geben ist ja so ähnlich wie etwas ver-teilen. Nämlich die Belastung, die durch das Abspalten entstanden ist. Die Leere im Selbst, die naturalmente so schwer zu tragen ist. Genau die kann frei und in Frieden gegeben werden.

Was passiert dann? Das Selbst kommt zurück. Warum? Weil Du ein bedingungslos geliebtes Gotteskind bzw. Universumskind bist. Weil es Dein Geburtsrecht ist, heil und ganz zu sein bzw. zu werden. Unabhängig davon, was Dir auf Erden angetan wurde und was Du jemandem angetan hast.

Nur, weil wir etwas nicht sehen können, heißt es nicht, dass etwas nicht da ist oder nicht geschieht. Wenn ich mit Menschen arbeite, ist sehr wohl zu spüren, was da energetisch passiert. Zum Beispiel dann, wenn ein Glaubenssatz zutage tritt, der sich über 52 Generationen lang durch eine Familie vererbt oder sagen wir besser: energetisch gefressen hat. Was wird der Vorfahre erlebt haben, dass das dadurch Erlernte immer weitergegeben wird und sichtbar, fühlbar Unheil(sein) stiftet?

Du kannst es nicht anfassen, Du kannst es nicht sehen. Aber Du fühlst, dass da etwas ist, dass Dir (und nur Dir!) fehlt. Den anderen fehlt anderes, nämlich ihres. Alle können sich das, was ursächlich zu ihnen gehört, zurückholen. Das nennt man Erlösung, und das passt gut zum zweiten Advent. Ist das Selbsterlösung? Darf man das?

Anders gefragt: Ist denn nicht schon erlöst? Was soll denn noch passieren?

Was war, können wir nicht verändern. Aber wir können jeden Moment Dinge anders machen. Wer immer uns was auch immer angetan hat: Energetisch können wir das rückgängig machen, indem wir unser verlorenes Selbst zurückholen. Wie wir das tun, dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eins ist jedoch wichtig: In Frieden geben funktioniert nur in die Vertikale über uns. Da ist viel Platz, und alles kann sich so verteilen und verwandeln, wie es gut ist. In und bei der Instanz, die eigentlich dafür sorgt, dass bei uns auf Erden die Dinge in Balance sind, sein können, kommen können.

Nimm Dein Selbst. So geht das.

In diesem Sinne wünsche ich allseits einen schönen Advent.

Eure Ulriqe

PS: Hier noch etwas Passendes zum Hören, mit Text. Ganz unten noch ein PPS, mit Kommentaren zu den sieben ersten Absätzen.

Aus „Die Kinder des Lichts“: Licht, Licht!
Ev. Kinderchor Dörnigheim, 2015, Daria Azov (Violine), Helene Streck (Klavier), Anna Streck (Cello)

Die Kinder singen

Licht Licht, ihr seht es aber nicht
ihr seht zum Himmel hoch und setzt euch Sonnenbrillen auf.
Licht Licht, ihr seht es aber nicht
es ist sogar in euch, doch ihr – ihr wartet weiter drauf.

Licht Licht, ihr seht es aber nicht
ihr lest die Zeitung durch und klagt, was ist die Welt so schlecht.
Licht Licht, ihr seht es aber nicht
sogar der Nachbar und so viele machen euch nichts recht.

Licht Licht, ihr seht es aber nicht,
ihr zündet eine Kerze an und blast sie wieder aus.
Licht Licht, ihr seht es aber nicht
es ist sogar in euch, im Wald und auch bei euch zu Haus.

Licht Licht, ihr seht es aber nicht
ihr sagt zwar, Jesus ist das Licht der Welt und das sei wahr.
Licht Licht, ihr seht es aber nicht
so bleibt die Welt ein Jammertal und das ist sonderbar.

Licht Licht, ihr seht das aber nicht
das geht uns auf die Nerven, denn wir strahlen euch so an.
Licht Licht, ihr seht es aber nicht,
obwohl man in den Kinderaugen Leuchten sehen kann.

PPS:

Klar, Du bist geliebt. Du bist völlig okay, wie Du bist. Und Leute aus Deinem Leben zu werfen, damit Du einfacher in Dir selbst aufräumen kannst, kann in der Tat hilfreich sein. Doch zu glauben, mit dem Ausrangieren von Leuten wären die Dinge in uns bereits geklärt, ist ein Trugschluss.

Ja, der herrischen Mutter, dem fürchterlichen Vater. Wer weiß denn schon, aus welcher inneren Zerstörtheit heraus die so waren, wie sie waren. Juristisch mögen manche Dinge anders aussehen. Vergebenergetisch können Wunder geschehen, I know what I’m talking about.

Du kannst vergeben, Punkt, siehe oben.

Zum Vergeben gehört ein Mensch, und das ist man selbst. Richtig. Der andere muss das gar nicht mitbekommen, und in unserer „narzisstischen Welt“ darauf zu warten, dass sich bestimmte Leute bei uns entschuldigen – vergiss es.

Möchtest Du gerne vergeben, dann ver-gib den Kram in Frieden, der in Dir durch das entstand, was geschah.

Ja, Du kannst Geschehenes nicht ändern. Aber Fürchterlichkeit in sich zu integrieren – nein. Zu leben bedeutet etwas anderes, als zu leiden. Und wenn es auch Jahrtausende auf Erden anders zuging und -geht – gemeint ist Lichtes, Schönes.

Du bist nie allein. Deinen Schmerz sieht jeder – und wird dadurch an seinen eigenen erinnert. Viele behaupten jedoch, man könne oder auch dürfe ihn nicht sehen. Vor allem man selbst dürfe ihn nicht mal fühlen. Gott wird nicht nur abwischen alle Tränen, diese Instanz tut das bereits in einer Tour! Nur passiert fortwährend weiter Fürchterliches – durch Menschenhand.

Gott hat sich ein Ei gelegt. Aber auch das, was aus einem Ei schlüpft, hat eine Schnur. Nämlich eine Hagelschnur. Die hält das Dotter in seiner zentralen Position. Ohne die Hagelschnur könnte sich das Küken nicht gleichmäßig in alle Richtungen entwickeln.

Dieser Schnur ging der Mensch verlustig. Er musste ja auch erst ein wenig forschen, bevor er überhaupt merkte, wofür diese Schnur benötigt wird.

Inzwischen wurde da vor ca. 2020 Jahren ein Kind geboren, also mit sichtbarer Nabelschnur. Guck, Mensch, das kann ich auch. Mensch werden. Jetzt versteh das endlich mit dem in der Welt Sein und was hier darum zu tun ist. Was soll ich dir noch bringen?

In jeder Kerze ist eine Schnur. Also: Wachse innerlich heim zu Dir, denn Du bist ohnehin in mir.