Unterbewusstsein heißt das, was als gefährlich gilt und geheimnisvoll. Ohne Begleitung solle man sich dort nicht hinunterwagen. Verständlich. Wer hätte denn auch für diese Untiefen die passende Beleuchtung parat? Nun ja – wir alle. Nur lange nicht benutzt. Eine Erinnerung und Einleuchtung.
Nicht wollen, dürfen, sollen
Du weißt alles. Dies ist Dir nur unbewusst*. Anderes ist Dir bewusst. Wäre Dir alles bewusst, würdest Du durchdrehen. Darum verschiebst Du den lieben langen Tag jede Stunde und Sekunde ins Unbewusstsein, an die Du Dich nicht erinnern musst, willst, darfst, sollst oder kannst. Ererbtes dieser Art ist schon lange da.
Ist gefährlich
Was Du da hinschiebst, geerbt hast und Dir aneignest, um all das zu kompensieren, ergibt über die Zeit etwas, das sich wie ein Eisberg unter Wasser darstellen lässt. Was knapp unter der Oberfläche ist, kannst Du bei gutem Sonnenlicht noch sehen. Alles andere verschwindet in der Versenkung. Da hinabzusteigen gilt als gefährlich. Zu leicht verlaufe man sich, heißt es.
Angst und Leere
Denn da lauerten Labyrinthe. Dunkle Kammern. Unheimliche Schatten. Gefährliche Bestien. Themen, die unter Verschluss zu halten sind. Erlebnisse, die hinter Gitter gehören. Großmächtige Schatten und schwarze Nachtvögel. Schmerz und Kummer. Angst und Not. Ungeliebtsein, Leere.
Enormer Kraftaufwand
Das Konglomerat an Dunklem, Unbewusstem ist größer als das uns Bewusste. Wir tragen all dies trotzdem in uns, mit uns, prägend. Der Kraftaufwand, dies mitzuschleppen, ist enorm. Abschmelzen lassen, wie die echten Eisberge da draußen dahinschmelzen. Wäre das eine Idee? Wohin jedoch wird das entstehende Wasser, werden die Tränen fließen?
Zerrendes managen
Außerdem – ein Eisberg schmilzt von oben weg, wie das Leben, das wir mit dem uns Bewussten leben, und mit der Kraft, die uns noch bleibt oder die wir uns mannigfaltig dazukaufen. Trügerische Kräfte, die nie genug sind und nach denen wir immer süchtiger lechzen. Damit wir das „managen“ können, was im Unbewussten an uns zerrt.
Was von uns übrig blieb
Doch all dies da unten, das sind ja wir selbst. Beziehungsweise das, was von uns übrig blieb aufgrund all der Belastungen, die wir zu erleben hatten und weiter erleben. Wo wir Essenz verloren haben, hat sich Dunkelheit ausgebreitet, die wir oder andere mit Getier und Bedrohlichem aller Art gefüllt haben, auf dass wir nicht in Versuchung kommen, uns je wieder dorthin zu wagen.
Eigenes Licht
Das Unbewusste soll dort bleiben, meinen wir, und dort hingehen können wir angeblich nicht. Schon gar nicht allein. Nun aber – wie war das mit Licht und Eimer oder Scheffel? Gilt es nicht, das Licht darunter hervorzuholen? Wäre dies, das eigene Licht, nicht ein guter Wegbegleiter, unverlierbar, leuchtend, und sei die Flamme noch so klein?
Zeichnungen, eine Wiese, vielleicht
Eine erste Tür öffnen, einen Schritt hineinwagen. Guten Tag, ich bin’s. Die erste Stufe nehmen, eine zweite, und sehen, wie das Licht heller wird mit jedem Schritt. Wie da weder Fledermäuse fliegen noch Spinnen krabbeln. Sondern Kinderzeichnungen an den Wänden hängen, vielleicht. Oder eine Wiese erscheint.
Eigenes bleibt
Dies ist keine Reise, die Tag und Nacht zu absolvieren wäre. Sondern nur, wenn sich im Alltag das Unbewusstsein schmerzend zeigt. Dann sich mit dem Licht auf den Weg machen, gezielt zur Ursache gehen und dann dort wieder Licht machen. Da geht der Schatten, bleibt das eigene Licht bestehen. So ist das. Also statt Schatten integrieren Licht machen. Statt Bestien bändigen diese sich zeigen lassen, ein einziges Mal, und dann sehen, wie sie verschwinden.
Des Unbewussten bewusst
So, mit der Zeit, kann sich das Ungleichgewicht verändern, können Unbewusstsein und Bewusstsein in Balance kommen. Dann ist das Unbewusste ein ungefähr** genau so großer Bereich wie das Bewusste. Weil wir uns des Unbewussten besser bewusst sind. Wir brauchen selbstverständlich weiter dieses Unbewusste, weil es zu viel wäre, sich alles merken zu sollen. Doch licht und hell ist es einfacher verfügbar und unbedrohlich.
Friedlich gut beleuchtet
Wir haben das Licht selbst in der Hand, mit dem wir es in uns wieder hell machen können. Dieses Licht ist uns von oben gegeben.
Viel einfacher deucht es uns jedoch, das Dunkle meditierend zu beruhigen, uns Mut zuzusprechen oder kämpfende Helden zu sein. Weh muss es tun. Lange muss es dauern. Unmöglich muss es sein, lernen wir.
Nein. Sondern wir können uns still und friedlich auf einen gut beleuchteten Weg zu uns nach Hause machen. Begleitet von jemandem, der sich schon gut damit auskennt, oder alleine.
Die Nacht genügt
Da so viele Menschen damit beschäftigt sind zu versuchen, ihre Schatten zu integrieren, ihre angeblich gefährlich bevölkerten Untiefen medi-tier-end zu bändigen und sich mit positiven Zusprachen bessere Gefühle zu erzeugen, damit jedoch immer noch größeres Getümmel erzeugen, das um so mehr in Schach gehalten werden muss, ist mir wichtig zu sagen:
Du brauchst das Dunkle in Dir nicht, um zu wissen, dass es existiert. Das zeigt Dir bereits die Nacht da draußen, außerhalb von Dir, die es dann auch für die Stunden der Erholung dunkel werden lässt in Dir, bevor der Tag sich mit Deinem lichten Sein verbindet und Dich zum Aufrichten einlädt.
In Ruhe ist nichts zu tun
Finsternis ist wie das Licht, heißt es in Psalm 139. Das meint nicht, dass das Dunkel Deiner Seele so bleiben soll und Du nicht das Recht hättest, dort aufzuräumen, weil es angeblich schon Licht und also zu ertragen wäre.
Sondern das heißt, dass Du bei Tag und Nacht in der bedingungslosen Liebe des Eins aufgehoben bist. Auch in Deinem Schmerz, auch in Deiner Angst und Deinem Kummer. Ja. Dass Du aber auch das Recht, das Geburtsrecht hast, heil und ganz zu sein und das, was Dir das Leben an Dunklem in die Seele gelegt hat, wieder hell zu machen. Nach und nach, denn das Dunkle schützt Dich auch. So lange es sich nicht meldet, gibt es nichts zu tun.
Eisklotz? Vulkan!
Niemand ist Eisberg. Die Metapher passt nur so gut zu Bewusstsein und Unbewusstsein, in jedem Zustand. Und kennst Du jemanden, der wie ein Eisklotz wirkt, kannst Du sicher sein: Innendrin ist er oder sie vermutlich ein Vulkan. Aber das ist eine andere Metapher.
* Darum nenne ich es lieber Unbewusstsein statt Unterbewusstsein.
** Ungefähr, weil Leben kontinuierlich Veränderung und Bewegung mit sich bringt. In Balance kannst Du Erschütterungen stabiler begegnen.