Hin zu natürlich-kreatürlicher Resilienz – nicht nur im Gesundheits- und Sozialwesen
Immer noch einen Scheit legt die Alte auf den Wagen, den die Mähre ziehen soll. So lange, bis die Mähre zusammenbricht. Dieses Märchen kommt mir stets in den Sinn, wenn im beruflichen Kontext von „Resilienz“ die Rede ist.
Umfallen verzögern?
Wie viel kann man Menschen zumuten bzw. wie schafft man es, dass sie noch mehr schaffen? Mal testen. Einfach noch etwas draufpacken und gegebenenfalls die Arbeitnehmenden so unterstützen, dass das Umfallen verzögert wird. Brechen sie dennoch zusammen, werden sie aufgepäppelt und bekommen ein Schild umgehängt, auf dem eventuell steht: „Schaffen nur noch 30 Prozent“, und weiter geht’s. Wobei es auch dann heißen wird „Hm, vielleicht gehört dieser Scheit noch zu 30 Prozent? Mal probieren …“.
Aushalten sollen?
In der Physik und im Ingenieurswesen meint Resilienz die Widerstandsfähigkeit von Materialien und Strukturen, und als sei der Mensch ein Material, geht es im Berufsleben darum, Belastung „auszuhalten“. Die Psychologie versteht unter Resilienz die Fähigkeit, nach einer Belastung wieder „ins Ausgangsstadium zurückzuspringen“ (bounce back), und auch das sollen Menschen am besten einfach so können. Wobei sich die Frage stellt, welches Ausgangsstadium gemeint ist. Die Kraft, die man als Kind hatte? Oder die, die kurz vorm Burnout noch vorhanden war?
Besser aufbauen wollen
In der Covid-19 Pandemie sprach der UN-Generalsekretär Antonio Guterres mit Blick auf die menschlichen Gesellschaften von der Notwendigkeit eines „bounce forward“ (nach vorne springen) und „build back better“ (besser wieder aufbauen). Dazu gehört auch das Gesundheitssystem. Doch Wandel von oben zu verordnen und durchzudrücken, ist wenig hilfreich. Bottom-up und top-down, Impulse aus beiden Richtungen sind gefragt.
Kraft von oben
Jeder Mensch kann also für sich beginnen – und auch top-down selbst mit dazu nehmen. Allerdings weniger durch Überzeugung von Vorgesetzten, sondern durch selbstverständliche Hineinnahme von Spiritualität in den eigenen Alltag. Diese Kraft und Unterstützung „von oben“ meint jedoch nichts im weltlichen Sinne Hierarchisches, sondern etwas, das rund um die Uhr einfach so zur Verfügung steht.
In ureigener Aus- und Aufrichtung sein
Eine Herangehensweise dafür ist Creative Spiritual Care (Intrasonanz). Diese ermöglicht es der Kreatur, tatsächlich ganzer zu werden als zuvor und so „besser aufgebaut“ merklich und nachhaltig resilienter zu sein. Einfach, weil einen in ureigener Aus- und Aufrichtung so schnell nichts umhauen kann. Dazu gehört auch, den Status der Mähre, der etwas aufgebürdet wird, zu verlassen, was wiederum das ganze System, in dem man steckt, heilsam verändern wird.
Unterstützende Handreichung
Darum freue ich mich sehr über die Kooperation mit der Internationalen Gesellschaft für Gesundheit und Spiritualität e. V. und der Professur für Spiritual Care und psychosomatische Gesundheit (Klinikum rechts der Isar der TU München), Professor Dr. Eckhard Frick, durch die eine den Wandel unterstützende Handreichung für Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens entstanden ist.
Wandel durch Spiritualität
Die Broschüre gehört zum Projekt MUTASPIR, von lat. mutatio per spiritualitatem: Wandel durch Spiritualität. Sie versammelt auf 24 Seiten Tipps, Werkzeuge und Anregungen sowie einen Ausblick, wie sich Spiritual Care weiterentwickelt, zum Beispiel mit dem Spiritual Needs Screener oder dem Indikationen-Set für Spiritual Care und Seelsorge. Ich durfte neben Textarbeit unter anderem Seelenfutter-Zeichnungen beisteuern. Darüber hinaus enthält die Publikation sechs Seiten zu Creative Spiritual Care bzw. zum Umgang mit Intrasonanz. Das Layout übernahm Sonja Langbein, die auch meine Bücher „in Form“ bringt.
Beruflich und privat praxisnah
Insgesamt ist die Handreichung eine praxisnahe Unterstützung, durchaus auch für andere Berufsgruppen bzw. das Privatleben. Die MUTASPIR Handreichung ist zudem eigentlich ein Beitrag zur Agenda 2030 der Vereinten Nationen mit ihren Zielen für Nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs). Ziel drei lautet nämlich „Gesundheit und Wohlbefinden für alle“.
Gesundheitskompetenz erweitern
Spiritualität passt dazu, weil sie nachhaltige Gesundheitskonsequenz hat. Mit fremder und eigener Spiritualität achtsam und verantwortungsvoll umgehen zu können, gehört darüber hinaus zur Gesundheitskompetenz. Werden Spiritualität bzw. Spiritual Care immer weiter in die Organisationen des Gesundheits- und Sozialwesens hinein implementiert, fördert dies zudem die notwendige Transformation des Systems an sich: hin zu mehr Resilienz, Gesundheit und Wohlbefinden für alle, die mit und in ihm zu tun haben.
Spüren, sehen, Gutes tun
Das Drauflegen der Holzscheite, also das „Ausprobieren, was noch geht“, wird überall dort von selbst aufhören, wo statt gebeugter Gestalten natürlich-kreatürlich aus- und aufgerichtete Menschen unterwegs sind, die nicht mehr unbesehen jede Karrenladung ziehen, die man ihnen anhängt, sondern die spüren und sehen, was zu tun ist, damit es alle auf dieser Erde gut miteinander haben.
Kostenfreier Download der MUTASPIR Handreichung: https://www.mutaspir.net/